(2) Emergenz
"emergere" = (lateinisch) auftauchen
Zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurde vom englischen Philosophen
Samuel Alexander erstmals der Emergenzgedanke klar ausgesprochen:
"In der Weltentwicklung tauchen immer wieder unvorhersehbare neue
Qualitäten auf"
(Bezugssysteme sind nun Elementanordnungen, bei denen die
Elemente - hier nicht als chemische, sondern als informatorische
Grundeinheiten betrachtet - untereinander in Wechselwirkung
stehen)
In der Bezugssystemtheorie wird nun der Emergenzgedanke
weitgehender formuliert:
Die in einem Bezugssystem interagierenden Elemente können unter
speziellen Zusatzbedingungen völlig neuartige Qualitäten
(Eigenschaften) entwickeln.
In größter Weiterführung dieses Gedankens ergibt sich daraus:
Das Universum kann man sich als zwiebelschalenförmige
Gesamtheit von immer komplexer ausgebildeten Bezugssystemen
vorstellen.
Bereits unsere (makro)physikalischen Grundbegriffe wie Weg, Raum,
Geschwindigkeit, Zeit, Energie, Gravitation, Druck, Temperatur,
etc. sind emergente Erscheinungen von Elementgruppierungen, also
keine Eigenschaften einzelner Elemente.
- Schon eine der elementarsten Formeln der klassischen Physik, t =
(x1 - x2) / (v + v'), weist darauf hin, dass der Zeitbegriff t
nicht nur von der Geschwindigkeit v zur Überbrückung der Strecke s
= x1 - x2, sondern auch von einer eventuellen Relativbewegung v'
zwischen einem Wegpunkt x und dem Beobachter abhängig ist, also
letztlich von der Informationsübermittlung über s.
* Zeit ist also abhängig von den involvierten Bezugssystemen, auch
dem des Interpretierenden. Wenn v' sich der Lichtgeschwindigkeit c
nähert, ergeben sich relativistische Effekte, die unserem Raum-
und Zeitverständnis widersprechen.
Mit der steigenden Komplexität der Bezugssystemelemente steigt
auch die Qualität der neuen Eigenschaften. Dazu einige Beispiele:
- Dreidimensionale Elementanordnungen ermöglichen mehr
Strukturvarianten als ein- und zweidimensionale
Elementgruppierungen, was z.B. für die Bindungsvarianten der Atome
zu Molekülen entscheidend, bei den Proteinen der lebenden Zelle
funktionsgebend und für die Speicherung von Informationen in
unserem Gehirn wesentlich ist.
- Es seien Informationen in grafischen Informationsblöcken
(Bildern) gespeichert. Wenn nun auch die Informationsblöcke
interaktiv verbunden werden, ergibt sich eine zusätzliche
Informationsqualität, wie sie uns in den Anwendungen Foto und Film
bekannt ist (wobei als zusätzliche Randbedingung die
Bildfolgefrequenz des Filmes mit dem Wahrnehmungstakt des
Beobachtenden synchronisiert sein muss, wenn man einen natürlichen
Bewegungsablauf simulieren will).
* Auch unser gesamtes Wahrnehmungsvermögen funktioniert ähnlich -
wir sind also Beobachter und Mitspieler eines um uns und in uns
ablaufenden dreidimensional taktenden vielschichtigen
'Universumfilmes'.
Zusatzbemerkung: Die emergenten Zusammenhänge können symbolisch
ausgedrückt werden durch
A' = a+b+c+... * (a'+b'+c'+...) + (a"*b"*c"*...) * ...,
wobei zusätzlich zu den additiven Eigenschaften + innerhalb der
Elementgruppen a,a',a",b,b' b",c,c',c" auch die
Verknüpfungsbeziehungen * zwischen den Elementgruppen modulativ
wirken. Diese Verknüpfungen * sind zumeist nur
empirisch-statistisch erfassbar und können auch nichtlinear sein,
sodass dann die Qualität der Gesamtheit A' die rein additive
Summierung ihrer Elementeigenschaften übersteigt.
Viele Widersprüche in und zwischen den herkömmlichen
physikalischen Theorien lösen sich auf, wenn man die jeweiligen
Bezugssystemgrenzen und die nichtlinearen Beziehungen zwischen den
Elementen verschiedener Bezugssystemherkunft mit berücksichtigt,
wie beispielsweise beim scheinbaren Widerspruch zwischen
Relativitätstheorie und Quantentheorie.